Schilddrüsen­operation

Jeder Knoten in der Schilddrüse ist als krankhaft zu werten und muss näher untersucht werden. 20-30 % der Erwachsenen in unseren Breiten tragen Knoten von >1cm in der Schilddrüse. In Jodmangelgebieten liegt der Prozentsatz bis knapp 50%. Die Inzidenz der Schilddrüsenkarzinome ist europaweit im Steigen begriffen und betrifft zunehmend mehr die jüngere Population.

In Osteuropa liegt die Inzidenz bei einem Zehnfachen und in manchen Gebieten noch höher verglichen mit den mitteleuropäischen Zahlen. Man unterscheidet zwischen „heißen Knoten“ mit eigenständiger Hormonproduktion und „kalten Knoten“ ohne Hormonproduktion. Da kalte Knoten ein höheres Risiko aufweisen malign zu entarten, bedürfen diese Knoten einer genauen Abklärung, regelmäßigen Kontrollen und in vielen Fällen einer Operation.

Zuerst erfolgt die Aufklärung über die Therapieoptionen, die Operationstechniken, das geplante Resektionsausmaß und mögliche Komplikationen. Prinzipiell werden die kleinstmögliche Resektion und der maximale Schilddrüsenerhalt abhängig von der Art der Erkrankung, von der Größe und Lage der Pathologie angestrebt. Der Patient und seine Sicherheit stehen im Mittelpunkt. Durch modernste Instrumente und Techniken, durch Lupenbrillen zur sicheren Durchführung des mikrochirurgischen Eingriffs und mit Hilfe von Neuromonitoring, bei dem der Stimmbandnerv dargestellt und damit sicher geschont wird und ICG-NIR, eine neue Technik mit der die Durchblutung monitiert werden kann und somit der Erhalt der Nebenschilddrüsenkörperchen noch besser gelingt, kann der Eingriff bestmöglich durchgeführt und die Komplikationsrate auf ein Minimum, nämlich auf unter 1% reduziert werden. Die Operation erfolgt über den kleinstmöglichen Hautschnitt, der jedoch situationsadäquat bzgl. Länge gewählt wird. Daraus ergibt sich ein exzellentes kosmetisches Ergebnis mit einer nach einigen Wochen fast unsichtbaren Narbe.

Kalte Knoten mit einem Durchmesser >1cm, die echoarm bzw. Mikrokalk im Schilddrüsenultraschall aufweisen sollen operiert werden, ebenso, wenn es sich um einen großen, solitären Knoten in einer sonst gesunden Schilddrüse oder auch um einen deutlich vergrößerten Knoten in einer Schilddrüse mit sonst vielen kleinen Knoten (=Struma multinodosa) handelt. Weiters stellen (autonomes) Wachstum oder eine verdächtige Feinnadelpunktion / Feinnadelaspiration eine klare Operationsindikation dar. Der (dekompensierte) heiße Knoten bzw. eine (medikamentös nicht beherrschbare) Autonomie bedeutet, dass die Schilddrüse unkontrolliert und zu viel Schilddrüsenhormon produziert. Auch diese Umstände bedürfen einer operativen Sanierung, um körperliche Schäden zu vermeiden. Der heiße Knoten bei Kindern zeigt im Gegensatz zum Erwachsenen eine deutlich erhöhte Entartungstendenz und stellt fast immer einer Operationsindikation dar. Verdacht auf oder ein gesichertes Karzinom, Morbus Basedow, Struma (vergrößerte Schilddrüse) mit Kompromittierung oder Kompression anderer umliegender Organe sind weitere wichtige Operationsindikationen.

Indikationsstellung tabellarisch:

  • kalter Knoten: >1cm, echoarm bzw. Mikrokalk im Schilddrüsenultraschall
  • (autonomes) Wachstum
  • verdächtige Feinnadelpunktion / Feinnadelaspiration
  • großer solitärer Knoten in einer sonst gesunden Schilddrüse
  • deutlich vergrößerter Knoten in einer Struma multinodosa
  • (dekompensierter) heißer Knoten bzw. (medikamentös nicht beherrschbare) Autonomie
  • heißer Knoten bei Kindern
  • Verdacht auf oder gesichertes Karzinom
  • Morbus Basedow
  • Struma (vergrößerte Schilddrüse) mit Kompromittierung oder Kompression anderer umliegender Organe

Voruntersuchungen

Eine genaue Anamnese und Erstellung eines Risikoprofils sowie regelmäßige Tastbefunde, Kontrollen von Schilddrüsenwerten  evtl. Tumormarker sind ebenso wichtig, wie ein Ultraschall der Schilddrüse und eine Szintigraphie. Mit den zuletzt genannten Untersuchungen kann man aufgrund des Schallmusters und des Speicherverhaltens bereits ziemlich genau beurteilen, wie hoch das individuelle Risiko und damit verbunden die Notwendigkeit einer Therapie ist. Bei unklaren Verhältnissen können durch eine Feinnadelpunktion weitere Informationen gewonnen werden.

  • Schilddrüsenwerte (TSH, fT3, fT4) inkl. Tumormarker wie Calzitonin, Thyreoglobulin, (CEA nur bei Vd.a. auf medulläres Schilddrüsenkarzinom)
  • Kalziumspiegel, Vitamin D3 Spiegel, Parathormon im Blut
  • Sonographie
  • Szintigraphie
  • evtl. Feinnadelaspiration (FNA)
  • HNO zur Beurteilung der Stimmbandfunktion

Maximale Sicherheit durch modernste Instrumente und Techniken, Lupenbrille zur sicheren Durchführung des mikrochirurgischen Eingriffs.

Neuromonitoring

Zur sicheren Identifikation bzw. sicheren Darstellung des nervus laryngeus recurrens und des nervus laryngeus superior (Stimmbandnerven). Das Neuromonitoring erfolgt entweder kontinuierlich (insbesondere bei technisch schwierigen Rezidiveingriffen) oder intermittierend (am häufigsten angewendete Methode). Im letzteren Fall wird die Messung vor der Entfernung bzw. zur Identifikation und nach der Entfernung der Schilddrüse vorgenommen.

ICG-NIR

Ein neues, revolutionäres Verfahren bestehend aus einem speziellen Farbstoff und einer Infrarotoptik / Infrarotkamera, um die Durchblutung der Epithelkörperchen (=Nebenschilddrüsenkörperchen) im Zuge der Operation bzw. nach der Operation (z.B. nach Entfernung der Schilddrüse) zu überprüfen und zu dokumentieren. Die Durchblutung ist für die Funktion der Nebenschilddrüse essenziell. Sollte die Durchblutung nicht mehr gewährleistet sein, muss das betreffende Nebenschilddrüsenkörperchen als solches histologisch durch den Pathologen bestätigt werden und im Anschluss in eine gut durchblutete Stelle transplantiert werden – meist in den musculus sternocleidomastoideus –, damit dort das Epithelkörperchen wieder anwachsen und seine Funktion wieder aufnehmen kann.

Kosmetik

Die Operation erfolgt über den kleinstmöglichen Hautschnitt, der jedoch situationsadäquat bzgl. Länge gewählt wird. Daraus ergibt sich ein exzellentes kosmetisches Ergebnis mit einer nach einigen Wochen fast unsichtbaren Narbe.

Operationsschritte

Nach Markierung vor der Operation zusammen mit der Patientin/dem Patienten Zugang durch einen kleinen Hautschnitt in einer Hautfalte, Durchtrennen des subcutanen Fettgewebes, stumpfe Präparation und Mobilisation unter Schonung der präplatysmalen Venen. Inzision der geraden Halsmuskulatur entlang der Raphe. Darstellen der Schilddrüse. Präparation des oberen Schilddrüsenpols und fakultative Darstellung des oberen Stimmbandnervs (nervus laryngeus superior). Dokumentation der Funktion durch das Neuromonitoring. Schilddrüsennahes Präparieren und Unterbindung der Blutgefäße des oberen Schilddrüsenpols. Darstellung und Schonung des oberen Nebenschilddrüsenköperchens. Die Durchblutung desselben wird mit einem speziellen Farbstoff ICG und mit Hilfe einer Infrarotkamera dokumentiert (siehe oben). Falls die Durchblutung des Nebenschilddrüsenkörperchens als nicht ausreichend eingestuft wird, wird nach histologischem Verifizieren das Nebenschilddrüsenkörperchen zum Erhalt der Funktion in den benachbarten Muskel Sternocleidomastoideus „autotransplantiert“. Nun Unterbinden der unteren Schilddrüsenarterie und analoges Vorgehen im Bereich des unteren Schilddrüsenpols. Nun wird der eigentliche Stimmbandnerv (nervus laryngeus recurrens) dargestellt und die Funktion vor und nach der Entfernung des Schilddrüsenlappens mit Hilfe des Neuromonitorings dokumentiert. Das Lymphfettgewebe im Bereich des Stimmbandnerven wird fakultativ mitreseziert und als eigenes Präparat an den Pathologen gesandt. Je nach Ausmaß der Resektion wird nun weiter der Schilddrüsenlappen von der Luftröhre unter striktem Erhalt des unteren Stimmbandnerven – dokumentiert durch das Neuromonitoring – abgelöst, der Isthmus der Schilddrüse (die Verbindung zwischen rechtem und linkem Schilddrüsenlappen) und der Lobus pyramidalis, der sich als embryonales Relikt nach oben in Richtung Zunge erstreckt, präpariert und entfernt. Bei diesem Arbeitsschritt werden fakultativ das Lymphfettgewebe vor dem Kehlkopf und vor der Luftröhre entfernt und als getrenntes Präparat an den Pathologen gesandt. Das entfernte Stück der Schilddrüse wird nun zum Schnellschnitt geschickt, um ein Schilddrüsenkarzinom auszuschließen. Je nach Befund ist die Operation hiermit beendet oder, im Falle eines Karzinoms, muss zusätzlich auch der kontralaterale Schilddrüsenlappen entfernt werden und je nach Art und Größe des Tumors Lymphknoten aus der zentral jugulären Gruppe oder im Extremfall sogar Lymphknoten anderer, entfernterer Stationen mitreseziert werden. Der Wundverschluss verläuft fast immer ohne Drainage und die Haut wird geklebt, um ein ideales kosmetisches Ergebnis zu erzielen.

Nach der Operation

12h Überwachung gibt für den Patienten die maximale Sicherheit. Bestimmung von Kalzium (Ca) und Parathormon erfolgt nach der Operation und 24h später. Je nach Resektionsausmaß und Werten werden die Kontrollen weitergeführt. Bei niedrigen Kalziumwerten und / oder kalziumabhängigen Beschwerden wie Kribbeln oder Krämpfen wird sofort eine Kalzium- und Calcitriolsubstitution eingeleitet. Am 1. postoperativen Tag wird eine HNO Begutachtung zur Überprüfung der Funktion der Stimmbänder vorgenommen. Weiche Kost und schluckweises Trinken von kühlen Getränken am 1. und 2. Tag nach der Operation haben sich bewährt. Danach gibt es keine Einschränkungen bzgl. Ernährung. Die Entlassung erfolgt am 2. bis 3. postoperativen Tag.

Komplikationen:

In sehr seltenen Fällen; in 90% regenerieren sich die Symptome innerhalb von 6 Monaten.

  1. Verletzung des Stimmbandnerv: temporäre 2-4% oder permanente Recurrensparese 0,2%; Hauptsymptom ist Heiserkeit
  2. Blutung sehr selten – unter 1%
  3. Unterfunktion der Nebenschilddrüsenkörperchen (Hypoparathyroidismus): in den allermeisten Fällen temporäre rd. 20%, sehr selten permanente Unterfunktion < 1%